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Kommentar zur Garde Insolvenz: Drei mal ist Achimer Recht?

 

Als jemand der in der Finanzkrise bei einer Versicherung gearbeitet hat weiß, wie stark es sich auf die Wirtschaft auswirken kann, wenn ein Unternehmen insolvent geht. Teilweise ist es ein Gradmesser dass es einer ganzen Branche immer schlechter geht und dies die ersten Warnzeichen dafür sind, teilweise ist es einfach aber auch nur Missmanagement welches sich über die Jahre aufgestaut hat und eine Zerreißprobe halt nun mal nicht überstanden hat.

Eine Insolvenz ist erst einmal gar nichts schlimmes. Es gibt zum Beispiel sogar Planinsolvenzen durch die auf eine gesunde finanzielle Heilung des Unternehmens hingearbeitet werden soll. Auf der anderen Seite stehen wohl aber die Insolvenzverschleppungen bei denen wahrscheinlich fast alle Mitarbeiter nichts im Vornherein von der Sache mitbekommen haben. Und ja, wenn eine Unternehmen kurz vor einer Insolenz steht bekommt man dass eigentlich mit.

Was kann man hier aber nun auf den Garde-Fall anwenden? Und was sagt dass über die Industrie an sich aus?

Nun, von beiden Seiten der Extrema der Insolvenz ist der Fall hier wohl relativ in der Mitte. Wir haben hier ein Unternehmen was schon vor der Corona-Krise jetzt nicht unbedingt super da stand und nun halt keine Möglichkeiten mehr hatte. So weit, so normal also? Nein, nicht wirklich. Wir reden hier von einem Unternehmen dass bereits das dritte mal in die Insolvenz gefahren ist.

Noch dazu kommt dass man zwischen den beiden Insolvenzen zuletzt sieben Filialen aus Bremerhaven und Cuxhaven übernommen hatte, welche aus einer Insolvenz des alten Betriebes hervorgingen. War den Verkaufsstellen damit geholfen? Wohl eher nicht.

Was ist also eigentlich dass Problem warum wir diese Fälle immer und immer wieder sehen?

Früher gab es eine Bäckerei die jeden Morgen in seinem Betrieb frisch gebacken hatte und dann diese Ware bei sich vor Ort verkauft hatte. In den meisten Fällen waren somit der Zubereitungsort und der Verkaufsort der gleiche. Später wollte man sein Unternehmen eventuell aber ausweiten und eröffnete dann vielleicht noch eine zweite Filiale in seinem Ort und lieferte dann dort seine Ware auch noch hin, wir haben jetzt aber schon eine Entkoppelung von Herstellungs- und Vertriebsort. Nun kann man aber eher schlecht die aktuelle Nachfrage immer im vorherein bestimmen und wenn man nur in der Nacht backen kann, dann kann man halt schlecht bei Bedarf nach produzieren.

Was macht man also? Man benutzt fertige Teiglinge und kann diese vor Ort direkt aufbacken. Also quasi dass gleiche was man sich auch im Supermarkt besorgen kann? Ja, quasi stimmt dass. So kann sich der Verbraucher natürlich auch denken, warum sollte ich dann überhaupt noch bei einer Bäckerei direkt kaufen, wenn ich ähnliche Qualität auch fast run um die Uhr mir aus dem Supermarkt besorgen kann.

Wo wir auch schon beim zweiten Faktor wären, warum Bäckereien immer wieder Probleme haben. Die Konkurrenz ist in den letzten Jahren einfach wesentlich größer geworden. So gibt es in Supermärkten schon länger auch schon aufgebackte Brötchen die von einem großen Unternehmen auch nur im gefrorenen Zustand angeliefert werden. Gleiches gilt für Backshops, Tankstellen und ähnliche Verkaufslokalitäten. Dass Angebotsmonopol der Bäckereien ist somit schon seit Jahrzehnten durchbrochen.

Die Leute kaufen halt heutzutage auch lieber direkt da wo Sie sowieso einkaufen, weiter ist die Lebensrealität von vielen wesentlich schnelllebiger geworden und dass klassische Sonntagsfrühstück existiert bei vielen Familien nun auch nicht mehr zwingend. Eine Bäckerei welche da nur gleiche Qualität aber weniger Flexibilität aufweisen kann, wird da nun auch keinen Unterschied machen.

Was können wir also aus der erneuten Garde-Insolvenz lernen? Die Zeit einer mittelgroßen Bäckereikette ist eher vorbei, die die sich im Besitz oder auf dem Gelände einer Supermarktkette befinden haben da wahrscheinlich ebenso wie in touristisch hochfrequentierten Bereichen noch bessere Chancen. Doch auch diese werden wohl auf lange Sicht wohl von größeren Ketten geschluckt werden.

Wie können wir in der Stadt Achim dies allerdings vielleicht anpacken. Wir haben hier in Achim eine durchaus große Diversität die gerade aber in den letzten beiden Jahren mit Orlamünde und wie schon erwähnt Garde schon auch die ein oder andere Insolvenz gesehen hat, wie dies am Ende ausgeht, weis man natürlich nicht. Der Konsument möchte in einer Welt voller instantaner Verfügbarkeit immer noch dass besondere haben. Sei es für ihn das Fischbrötchen auf dem Wochenmarkt oder das Stück Torte nach einer Einkaufstour am Samstag.

Ich denke dass gerade Konditoreien hier ein großes Potenzial bieten, da diese in Ihrer Handwerkskunst immer noch etwas besonderes vorweisen können, da die Herstellung von Kuchen und Torten durchaus komplexer ist, als die von einem Brötchen. Zu viel Angebot ist natürlich auch nicht gut, somit muss man halt wirklich schauen ob es Sinn macht in Konkurrenz zu einem Unternehmen treten zu wollen oder sich über sein eigenes Angebot stärker abzugrenzen und damit individuell zu machen.